Kon-Tiki, 1947
Die Expedition war das Ergebnis einer Theorie, über die Heyerdahl seit seinem Aufenthalt auf Fatu Hiva im Jahr 1937 nachgedacht hatte.
Am 28. April 1947 stach ein aus Balsaholz gefertigtes Floß mit sechs Männern und einem Papagei an Bord in Callao, Peru, in See.
Kapitän war der damals 33-jährige Thor Heyerdahl, und das Ziel der Reise war Polynesien.
Die Expedition war das Ergebnis der Theorie, über die Heyerdahl seit seinem Aufenthalt auf Fatu Hiva nachgedacht hatte: dass diese Inselgruppe im Südpazifik nicht ausschließlich von Völkern aus dem Westen bevölkert worden sein konnte. Sie muss auch von Einheimischen Südamerikas bevölkert worden sein. Unter den Indizienbeweisen, auf die Heyerdahl hinwies, war die Geschichte von Kon-Tiki Viracocha, einem einheimischen Häuptling, der der Legende nach auf einem großen Balsaholzfloß von Peru Richtung Westen dem Sonnenuntergang entgegen gesegelt war.
Heyerdahl hatte seine Theorie im Frühjahr 1946 einer Gruppe führender amerikanischer Anthropologen vorgetragen, diese zeigten ihm jedoch die kalte Schulter. Einer von ihnen, Herbert Spinden, ging sogar soweit, Thor herauszufordern:
„Klar, probieren Sie doch mal aus, wie weit man auf einem Balsaholzfloß von Peru bis in den Südpazifik kommt!“
Heyerdahl nahm sich die Herausforderung zu Herzen und begann sofort, die Expedition zu planen, die ihn und seine Mannschaft auf seinem eigenen Balsaholzfloß über den Pazifischen Ozean bringen sollte.





















Zunächst musste Heyerdahl eine Mannschaft anheuern. Dies stellte sich als vergleichsweise einfach heraus und so hatte er schnell fünf qualifizierte Männer für seine Mannschaft gefunden. Sie reisten gemeinsam nach Ecuador, um Balsaholz für das Floß zu besorgen, und dann nach Peru, um es zu bauen.
Durch persönliche Kontakte korrespondierte Heyerdahl mit Vertretern des amerikanischen Militärs und konnte so alles von Schlafsäcken, Feldrationen, Sonnencreme und Konserven bis zu Navigationsinstrumenten und Funkausrüstung erhalten.
Heyerdahl brauchte auch eine Sekretärin für die Expedition und Gerd Vold von der norwegischen Botschaft in Washington meldete sich schnell freiwillig. Zu ihren Aufgaben gehörte es unter anderem, den Kontakt zwischen dem Floß und den Menschen an Land zu koordinieren.
Die Mannschaft des Kon-Tiki-Floßes, von links: Knut Haugland, Bengt Danielsson, Thor Heyerdahl, Erik Hesselberg, Torstein Raaby und Herman Watzinger. Thors Kriterien für die Auswahl der Mannschaft waren standhafter Mut sowie eine einzigartige Qualifikation, die für die Expedition unabdingbar war.
Herman Watzinger und Thor Heyerdahl hatten sich durch Zufall in New York kennengelernt. Watzinger war Ingenieur mit dem Spezialgebiet Thermodynamik und befand sich in den USA, um Kühltechnik zu studieren. Er fragte, ob er sich der Expedition anschließen könne, und Thor sagte ohne zu zögern zu. Watzinger war stellvertretender Kommandeur der Kon-Tiki.
Erik Hesselberg war ein enger Freund Heyerdahls aus der Kindheit. Er war ausgebildeter Matrose, hatte 5 Jahre in der Handelsflotte gedient und war somit das einzige Mitglied der Kon-Tiki-Mannschaft, das über tatsächliche seemännische Erfahrungen verfügte. Hesselberg sollte auf der Reise der Steuermann sein. Er hatte auch eine künstlerische Ausbildung und er war es auch, der die sagenhafte Kon-Tiki-Maske auf das Segel des Floßes malte.
Knut Haugland war 1943 als Telegrafist Teil der norwegischen Schwerwasser-Sabotage in Rjukan gewesen und hatte durch eine Reihe von dramatischen Erfahrungen während des Krieges außergewöhnlichen Einfallsreichtum und Mut bewiesen. Auf der Kon-Tiki-Reise rettete er Herman Watzinger vor dem Ertrinken.
Torstein Raaby war aus demselben Holz geschnitzt wie Haugland. Er war Funkexperte und hatte viele Monate unter strapaziösen Bedingungen auf Finnmarksvidda (dem Finnmark-Plateau) – hinter feindlichen Linien – verbracht. Zu Raabys Leistungen gehörte unter anderem, dass er es geschafft hatte, erhebliche Mengen an Informationen über das deutsche Kriegsschiff Tirpitz zu senden, indem er die Funkantenne eines deutschen Offiziers „anzapfte“.
Bengt Danielsson wwar Anthropologe an der Universität Uppsala. Danielsson hatte ein wissenschaftliches Interesse an Heyerdahls Migrationstheorie. Er suchte Heyerdahl während der Vorbereitungen der Kon-Tiki-Expedition auf und fragte ihn, ob er sich anschließen könne. Danielsson wurde das sechste und letzte Mitglied der Expedition – und das einzige, das Spanisch sprach.
Hesselberg hhatte navigatorische Fertigkeiten, doch keiner in der Gruppe konnte segeln und sie hatten noch viel weniger Ahnung, wie man ein Balsaholzfloß steuert. Dieses Wissen war vor Hunderten von Jahren verloren gegangen. Dennoch vertraute Heyerdahl darauf, dass die Mannschaft während der Reise lernen würde, das Floß zu beherrschen, und dass die Ostwinde und der Humboldtstrom die Kon-Tiki letztendlich nach Polynesien tragen würde. Führende Experten der Anthropologie und der Seemannskunst hielten es für höchst unwahrscheinlich, dass das Floß sein Ziel erreichen würde.
Einige warnten sogar davor, dass es innerhalb der ersten zwei Wochen auseinanderfallen würde und dass die Expedition Selbstmord sei.
Die Experten wurden eines Besseren belehrt
Nach 14 Tagen auf dem Meer waren Heyerdahl und seine Mannschaft zuversichtlich, dass das Floß seetüchtig sei. Und nicht nur das, ihr Boot war „ein fantastisches Seefahrzeug“, wie Heyerdahl in seinen Aufzeichnungen schrieb.
Nach 101 Tagen auf See lief die Kon-Tiki auf einem Korallenriff in der Nähe des Raroia-Atolls in Polynesien auf Grund. Die Expedition war ein voller Erfolg und Thor Heyerdahl und seine Mannschaft hatten gezeigt, dass südamerikanische Völker durchaus auf einem Balsaholzfloß zu den Inseln im Südpazifik gereist sein konnten.
Heyerdahls 1948 veröffentlichtes Buch „The Kon-Tiki Expedition“ wurde in mehr als 70 Sprachen übersetzt und es wurde bis heute mehrere zehn Millionen Mal verkauft.
Das Buch ist das meistgekaufte Buch eines norwegischen Schriftstellers.
Oscar, 1951
Der Film mit demselben Titel, den die Mannschaft während der Reise gedreht hatte, gewann 1951 den Oscar für den besten Dokumentarfilm. Er wird laufend im Kon-Tiki-Museum gezeigt.